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Text:
Stefanie Vogt, Bild: MD9
10.10.2024

«Wir selbst haben die grösste Kontrolle über unsere Gefühle»

Mentale Gesundheit verdient genauso viel Aufmerksamkeit wie unsere körperliche Fitness. Nur wenn wir an beiden arbeiten, können wir langfristig unser volles Potenzial entfalten. Im Interview verrät Levent Liechti, Coach für Mentaltraining, wie Körper und Geist zusammenspielen und in welche mentalen Fallen viele von uns immer wieder tappen.

Was sind die häufigsten Themen, mit denen Menschen zu dirkommen?
Viele Menschen kämpfen damit, ihre Gedanken und Gefühle richtig einzuordnen und zu nutzen – sei dies im Sport oder auch im Arbeitsalltag. Zusätzlich neigen wir dazu, uns darauf zu konzentrieren, was wir als unsere Schwächen wahrnehmen. Genau hier setzt das Mentaltraining an: Es hilft, ein gesundes Bewusstsein für die eigene mentale Stärke zu entwickeln.

Gibt es ein Erlebnis aus deinem Mentaltraining, das dir besonders in Erinnerung geblieben ist?
Ja, ein Fall aus meiner Anfangszeit bleibt mir besonders im Gedächtnis. Eine junge Frau kam zu mir ins Mentaltraining. Auf den ersten Blick schien sie unter körperlichen Symptomen zu leiden. Im Laufe des Trainings stellte sich dann heraus, dass sie ein tief verborgenes Trauma aus ihrer Vergangenheit mit sich trug. Sie wandte sich an Fachärztinnen und -ärzte und machte gleichzeitig mit dem Mentaltraining weiter. Schliesslich schaffte sie es, ihre Vergangenheit aufzuarbeiten - und das vor allem dank des Mentaltrainings, wie sie mir erzählte. Das war ein grosser Erfolg für uns beide und zeigt, wie stark der menschliche Wille sein kann.

Welche praktischen Tipps hast du für den Alltag, um die mentale Gesundheit zu stärken?
Das Wichtigste ist: Bewusster leben! Nimm dir Zeit für dich selbst und für das,was dir Freude bereitet. Eine einfache, aber unglaublich wirksame Übung sind Atemübungen: Schliesse die Augen und richte deine volle Aufmerksamkeit auf deine Atmung. Schon wenige Minuten helfen, um Stress abzubauen und die Gedankenzu ordnen.

Welche Auswirkungen hat Sport auf die mentale Gesundheit?
Sport und mentale Gesundheit sind untrennbar miteinander verbunden. Ohne die richtige Einstellung bringt körperliche Aktivität wenig – im schlimmsten Fall ist sie sogar kontraproduktiv. Umgekehrt sorgt ein starkes Mindset nicht automatisch für einen starken Körper. Regelmässige Bewegung, ob im Fitnessstudio, beim Wandern oder Spielen, setzt Hormone frei, die der mentalen Gesundheit guttun. Aber: Wenn es mir mental nicht gut geht, reicht es nicht, einfach nur Sport zu treiben. Beides – Körper und Geist – müssen in Einklang gebracht werden.

In welche Fallen tappen viele von uns immer wieder?
Viele Menschen glauben, dass andere für ihre Stimmung verantwortlich sind. Natürlich gibt es Momente, in denen wir externe Unterstützung brauchen. Oftmals übersehen wir aber, dass wir selbst die grösste Kontrolle über unsere Gefühle haben. Wir leben in einer Gesellschaft, in der viele Menschen rasch nach externer Hilfe – in welcher Form auch immer - suchen, wenn etwas nicht stimmt. Dabei könnte man auch zuerst einmal in sich selbst hineinhören.
Ein weiteres Beispiel sind Glaubenssätze, die uns ausbremsen. Viele sagen Dinge wie «Das schaffe ich nie! » oder «Das ist unmöglich für mich.» Solche Aussagen zerstören mit der Zeit unser Selbstvertrauen. Dabei wäre es viel einfacher, diese negativen Überzeugungen zuhinterfragen und schrittweise zu überwinden. Das geht - wenn man es wirklich will.

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Mentaltraining mit Levent Liechti

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