Kickboxen vs. Crossfit - Ein Selbstversuch

Was passiert, wenn sich zwei Top-Athleten auf einen Wettkampf in einer anderen Sportart einlassen? Prestieren Sie die Herausforderung in einer fremden Disziplin? Eine Antwort darauf lieferten die CrossFitter Josh Bridges and Jacob Heppner im September, als sie im Boxring aufeinander trafen.

Michi Senti und Levent Liechti haben das Experiment ebenfalls gewagt. Michi Senti, Mitinhaber der Crossfit Box «Functional Fitness Milory» und Levent Liechti, Präsident des Kampfsportvereins Raion Dojo traten in der jeweils fremden Disziplin gegeneinander an: Der CrossFitter Michi Senti stieg in den Ring, während der Kickbox-Fighter Levent Liechti an einem Crossfit-Wettkampf, den so genannten Crossfit Open's, teilnahm. In den folgenden Erlebnisberichten erzählen die beiden Sportler über ihre Erfahrungen. Im Zentrum bei beiden Standen Schmerz, Neugier und ein ausgeprägter Durchhaltewillen.

Portrait Michi Senti:

Das Crossfit packte mich vor rund sechs Jahren. Für mich ist Crossfit ein Rundum-Paket bestehend aus ganzheitlicher Fitness-Performance, sozialem Community-Leben und Wettkämpfen. Mittlerweile verfüge ich über einige Jahre Erfahrung als Athletikcoach (insbesondere im Tennisbereich U12-U18) und bin stolzer Mitinhaber des «Functional Fitness Milory». Ich selbst trainiere durchschnittlich 5 mal pro Woche à 1.5 bis 2h pro Trainingseinheit. Im Bereich Kampfsport habe ich allerdings keinerlei Erfahrung.

Portrait Levent Liechti:

Ich bin leidenschaftlicher Kampfsportler und gleichzeitig Mentaltrainer und Coach. Herausforderungen reizen mich generell. Aktuell habe ich keine Wettkampfteilnahme geplant und mein Fokus liegt auf dem Coaching unserer Mitglieder und Athlet:innen sowie dem Betrieb des Raion Dojo. Meine eigene Trainingswoche besteht aus etwa 5 bis 8 Trainings wöchentlich, bestehend aus Kampfsport-, Kraft- und Ausdauertrainings.

 

Das Experiment:

Michi im Ring: "Mit Müh und not überlebte ich die zweite und dritte Runde"

Das Ziel: Durchhalten von 5 Runden à 3 Minuten Kickboxen mit Levent.Die Challenge startete dann bereits zu meinem Nachteil: Der Kampf fand statt, nachdem sich Levent durch die Open's gequält hatte. Entsprechend freute er sich riesig darauf, mir alles heimzahlen zu können. Ich fühlte mich aber fit und dachte, dass ich wenigstens konditionell mit Levent während den 5 Runden mithalten könnte. Doch bereits nach der ersten Minute holte Levent mich im wahrsten Sinne des Wortes auf den Boden der Realität zurück. Ich war bereits am Anschlag, versuchte aber dennoch so aufmerksam wie möglich zu sein. Mein Ziel: Seinen präzisen Schlägen ausweichen und nicht unnötig Energie bei Kicks und Schlägen die ins Leere trafen zu vergeuden. Entgegen meinem Vorhaben locker zu bleiben, war mein zentrales Nervensystem komplett überlastet. Bereits in der ersten Runde traf Levent mich mit einem sogenannten «Low Kick» seitlich in den Oberschenkel: Ein Pferdekuss der Sonderklasse! Für eine kurze Zeit konnte ich nicht mehr auf dem Bein stehen. Mit Müh und Not überlebte ich die zweite und dritte Runde - jede davon fühlte sich an wie ein 20-minütiges Crossfit-Workout.
In der fünften Runde passierte es dann: Levent täuschte einen Low-Kick an, hob sein rechtes Bein auf meine Kopfhöhe und holte zum Kick aus. Ich öffnete aus purer Erschöpfung die Deckung, machte einen Schritt in die falsche Richtung mit fatalen Folgen: Er rammte sein Knie voll in meine Nase. Der Kampf musste aufgrund eines Verdachts auf Nasenbruch beendet werden.

Das Fazit:

Noch während zwei Wochen wurde ich täglich an den Kampf erinnert: Ich hatte Schmerzen im Oberschenkel und im rechten Fuss aufgrund eines ungenauen Kicks. Auch wenn das direkte Ende des Kampfes für mich eher von Schmerz als Erfolg geprägt war bin ich um eine äusserst lehrreiche und wertvolle Erfahrung reicher. Die Erfolgsgefühle setzten später dann auch noch ein. Dass Levent als Weltmeister und mehrfacher Europameister ein Spitzenathlet ist, war klar. Besonders überzeugt hat er mich vor allem auch als Coach. Ihm, seinem tollen Team und dem Raion Dojo wünsche ich nur das Beste und weiterhin viel Erfolg.

 

Levent an den Open's: "Ich fühlte mich, als hätte ich noch nie Sport gemacht"

Das Ziel: Die Open's möglichst erfolgreich zu absolvieren. Natürlich entschied ich mich für die Rx-Version, für die ich eigentlich mindestens zwei Jahre Crossfit-Erfahrung mitbringen müsste. Dieses erste Workout dauerte 15 Minuten und enthielt eine Übung die ich noch nie zuvor gemacht hatte: Wallwalks. Bereits nach 5 Minuten fühlte ich mich, als hätte ich noch nie Sport gemacht. Dieses Workout zerstörte mich komplett und sorgte für einen über eine Woche andauernden Muskelkater.
Das zweite Workout fand eine Woche später statt und verlief etwas besser. Die Übungen mit Boxjumps und DB Snatch’s lagen mir besser. Zudem konnte ich mich mental besser darauf einstellen.
Nach einer weiteren einwöchigen Pause folgte das letzte Workout, bestehend aus Übungen, die für mich als Kampfsportler absolut unspezifisch und sogar kontraproduktiv sind. Aber ich hielt durch und absolvierte die Crossfit Open's erfolgreich - dank meines Kämpferherzes und meines hochen Trainingslevels.

Das Fazit:

Der Wettkampf hat mir einmal mehr bewiesen, dass Crossfit nicht meine Sportart ist. Trotzdem hat er grossen Spass gemacht, dazu hat auch die super Stimmung im "Milory" beigetragen. Für mich persönlich ist klar: Crossfit und Kampfsport sind einfach zwei verschiedene Sportarten. Mit Crossfit werde ich nicht stärker im Kampfsport und umgekehrt auch nicht. Für die Abwechslung in der Freizeit und das Training der mentalen Fähigkeiten sind die beiden Sportarten jedoch eine ideale Ergänzung!
Bei Michi fühlte ich mich stets gut aufgehoben und kompetent betreut. Ich bin mir sicher, dass er und das Milory Team eine grosse Zukunft vor sich haben und wünsche ihnen viel Erfolg und Spass dabei!

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